„Zeit ist die Dimension des Lebendigen“ – Der Verein zur Verzögerung der Zeit

„Zeit ist die Dimension des Lebendigen“

Im Gespräch mit Martin Liebmann vom Verein zur Verzögerung der Zeit

Text und Fotos: Andrea S. Klahre

Verein zur Verzögerung der Zeit. Wer das liest, hat eine Frage. Die Autorin hatte im Frühling 1993 gleich mehrere; sie reiste nach Klagenfurt, verbrachte einen halben Tag mit dem Gründer – und brauchte einige Jahre, bis die Zeit reif war für das Thema. Nun bereitete sich Professor Dr. Peter Heintel darauf vor, aus der Zeit zu gehen. Das Gespräch mit Martin Liebmann ist gleichsam  Erinnerung an einen „untypischen Wissenschaftler, reflektiert wie kaum jemand.“ (Liebmann)

 

Herr Liebmann, „Leben und Soziales bewegt sich in eigenzeitlichen Rhythmen, die man nicht beliebig verändern, beschleunigen, verkürzen kann“, hat Peter Heintel gesagt. Somit auch nicht verzögern.

Liebmann: Nein, natürlich nicht. Hinter dem leicht ironischen, sperrig-verdrehten Titel des Vereins steht die Idee, wie Eigensinniges im globalisierten Einerlei überhaupt noch Platz haben kann. Zeit lässt sich anders bestimmen, wenn man als wenig produktiv und passiv empfundene Un-Tätigkeiten berücksichtigt: Nachdenken, Selbstreflexion, Müßiggang, Tagträumen … Wir können unser Leben etwas langsamer und bewusster wahrnehmen oder dem Temporausch einfach etwas entgegensetzen. Das scheint schwierig zu sein, weil Geschwindigkeit so normal ist. Innerhalb der Zeitordnung gibt es aber hohe Freitheitsgrade individueller Gestaltbarkeit. „Zeit ist die Dimension des Lebendigen“ – Der Verein zur Verzögerung der Zeit weiterlesen

Der Reiz des eigenen Tempos – Langsamkeit wagen

Der Reiz des eigenen Tempos

von Andrea S. Klahre

Die Gesellschaft von morgen ist bereits chronisch krank, bevor sie überhaupt erwachsen werden kann: dünne Haut, Risse in der Seele, überreagierende Atem- und Verdauungswege. Und sonst so? Die Welt ist ein härter werdender Ort. Eine Beschreibung der Befindlichkeiten kommt nicht mehr ohne immer schrillere Begrifflichkeiten aus.

Hyperaktivität ist ein solches Wort, Optimierungszwang ein anderes. Oder Augenblicksgier. Die Angst etwas zu verpassen, FOMO (Fear of Missing out) soll die erste „Social-Media-Krankheit“ sein, mit Symptomen wie: ständig online, dauernd im Austausch. Und natürlich: machen machen machen. Es ist ein Hetzen und Treiben, im Job, auf den Straßen, selbst im Wochenendkurzurlaub. Und sowieso in Großstädten. Wo sich gefühlt alles pausenlos rasanter dreht, sieht sich das äußere Zwecke erfüllende Ich – das (sich) produzierende und konsumierende Ich – permanent erpresst, die Geschwindigkeit anzupassen.

Dieses noch junge Jahrhundert mit aller Mobilität, Flexibilität, Konnektivität hat generationenunabhängig schon eine Mehrheit sehr leidensfähig gemacht; sie hat gelernt, sich in überhitzte Leistungssysteme einzufügen, die von anderen für sie definiert werden. Sicher, Arbeit ist aus vielerlei Gründen das Salz in der Lebenssuppe. Doch vor lauter Abstrampelei wird ganz vergessen, dass es kein Maßstab für Gesundheit ist, sich gut an eine kranke Umwelt anzupassen. Der Reiz des eigenen Tempos – Langsamkeit wagen weiterlesen

agora42-Blogserie zum Thema Langsamkeit

agora42-Blogserie zum Thema Langsamkeit

Der Einzelne wähnt sich so fest im Geschwindigkeitsgriff, dass er Selbstausbeutung mit Selbstbestimmtheit verwechselt und übersieht, dass Gesundheit und Glück auch daraus erwachsen, Raum und Zeit für Besinnung, Wertebildung oder echtes Miteinander zu finden.  Wir eröffnen deshalb eine Online-Kolumne, die in den kommenden Monaten den einen oder anderen Besucher unserer Website zum Widerstand gegen die Kultur der Eile inspirieren möchte:

Andrea S. Klahre hat auf der Suche nach Visionären Künstler, Wissenschaftler und Querdenker gefunden, die Impulse geben, Richtungen weisen, in jedem Fall bereichern, bestenfalls erfreuen. Freuen Sie sich unter anderem auf: agora42-Blogserie zum Thema Langsamkeit weiterlesen

Finanz & Eleganz: Au contraire – oder Warum manchmal viel dafür spricht, dagegen zu sein

Au contraire – oder Warum manchmal viel dafür spricht, dagegen zu sein

Dieser erste Post im neuen Jahr will sich tapfer der Welle von positivem Denken entgegenstemmen, die bis zur Mitte des Monats Januar alles überrollt. Wieder ein neues Jahr, in dem wir alles besser machen – mit Optimismus, Freude und Vertrauen alle Ängste überwinden, das Gute noch im Schlechtesten gesehen wird und jedes Glas mindestens halbvoll ist.  Und warum auch nicht? Was schadet es, mit einer positiven Grundhaltung und fröhlichem Schwung an die zahlreichen Projekte heranzutreten, die sich auf dem Schreibtisch und sonstwo melden?

Dennoch wollen wir uns heute einmal mit Miesmachern, Pessimisten und notorischen Querulanten beschäftigen, vor allem im Bereich der Finanzmärkte. Und von diesen suchen wir uns eine kleine feine Gruppe heraus, die man „Contrarians“ nennt. Diese Leute machen alles anders, sie kaufen Aktien wenn andere verkaufen, sie sehen in die Ecken, die schlecht ausgeleuchtet sind und einem folgen sie gewiss nicht: dem Herdentrieb. Finanz & Eleganz: Au contraire – oder Warum manchmal viel dafür spricht, dagegen zu sein weiterlesen

Cappuccinos für Senioren oder: Eines ist unsicher – die Rente!

Cappuccinos für Senioren oder:

Eines ist unsicher – die Rente!

Text: Bernd Villhauer

In der Kolumne “Finanz & Eleganz” geht Bernd Villhauer den Zusammenhängen von eleganten Lösungen, Inszenierungen, Symbolen und Behauptungen einerseits sowie dem Finanzmarkt andererseits nach. Grundsätzliche Überlegungen zu der Kolumne finden Sie in der Einführung.

Finanzen – genau wie Sodbrennen ein lebenslanges Thema! Aber welche Rolle spielt es genau in den  verschiedenen Lebensabschnitten? Eine zu geringe sagt uns die Intuition. Wahrscheinlich sollten wir kurz nach dem Schulabschluss unsere Strategie festlegen (für die Rente, nicht für das Sodbrennen) – ab er wer tut das außer ein  paar Langweilern?

Normalerweise geht der Bundesbürger das Problem der finanziellen Vorsorge für das Alter nicht an, bevor er schon die ersten grauen Haare bekommt. Dabei gibt es doch die Gefahr der Altersarmut. Aber gibt es die wirklich? In Deutschland? In Europa? Und welche Schichten betrifft sie genau? Das Unwissen ist groß, die Angst noch größer – und daraus lässt sich großartig Kapital schlagen, auch politisches… Cappuccinos für Senioren oder: Eines ist unsicher – die Rente! weiterlesen

Finanz & Eleganz: Vom Labyrinth der Finanzwelt

Materialistische Meditationen: Vom Labyrinth der Finanzwelt

von Bernd Villhauer

Achtung! Achtung! Bitte lösen Sie nach Lektüre des aktuellen Blogs sofort eine Bahnfahrkarte nach Würzburg bzw. stellen Sie Ihre Auto-Navigation auf „Würzburg, Veitshöchheimer Str. 5“. Gehen Sie nicht über Los und sondern besuchen Sie dort das Museum im Kulturspeicher Würzburg mit der aktuellen Ausstellung  „Labyrinth konkret … mit Nebenwegen“ (nur noch bis 15. Juli!) und begeben Sie sich ins Labyrinth. Finanz & Eleganz: Vom Labyrinth der Finanzwelt weiterlesen

Ein Gedankenspiel von Kai Jannek | 31.03.2051

Ordnung und Überwachung

Illustration: DMBO – Studio für Gestaltung

31.03.2051

Liebes Tagebuch,

ein aufregender Tag geht zu Ende. Ich habe heute viel über die alltägliche Polizeiarbeit erfahren. Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, dass Yong suspendiert worden ist und ich hatte seine Termine wahrnehmen müssen. Dazu gehörte das heutige Treffen mit dem Chef der lokalen Polizeiagentur, um zu erfahren, wie sich die Roboter aus unserer Manufaktur bislang im Einsatz bewähren. Ausgerechnet auf dem Weg zur Polizei ging ich über eine rote Ampel. Ich war zu Fuß unterwegs – die Behörde ist ja nur zwei Blocks von meinem Apartment entfernt. Ich war so in Gedanken, dass ich weder die rote Ampel wahrnahm noch die Warnsignale, die meine Kontaktlinsen mir in mein Sichtfeld einspielten. Die Überwachungskameras hielten den Vorgang natürlich sofort fest. Als ich die andere Straßenseite erreichte, sah ich mein Bild auf dem Display am Ampelmast. Darunter verriet ein kurzer Schriftzug mein aktuelles Vergehen; ebenso wie einige weitere kleine Ordnungswidrigkeiten, die ich mir in den letzten fünf Jahren hatte zu Schulden kommen lassen. Ein Gedankenspiel von Kai Jannek | 31.03.2051 weiterlesen

"Wir sind die 100%" – Ein neuer Beitrag aus der Kolumne Finanz & Eleganz

Kolumnentitel: Finanz & Eleganz

Wir sind die 100%

Interview von Bernd Villhauer mit Sven Zivanovic, Gründer der „Changemakers in Finance“-Initiative 

Denken hilft – und damit sich das Denken nicht nur um sich selbst bewegt, benötigen wir manchmal einen Anstoß von außen. Deswegen möchte ich in „Finanz & Eleganz“ immer wieder in Interviews Menschen vorstellen, die solche Anstöße geben. "Wir sind die 100%" – Ein neuer Beitrag aus der Kolumne Finanz & Eleganz weiterlesen

Ist der Terminator ein Underperformer? Ein neuer Beitrag aus der Kolumne Finanz & Eleganz.

Kolumnentitel: Finanz & Eleganz

Ist der Terminator ein Underperformer?

von Bernd Villhauer

Maschinen können alles besser. Sie schlagen uns im Schach, stellen Diagnosen für Blasenprobleme, revolutionieren die Kriegsführung, verwalten ganze Häfen, fahren Auto und nun übernehmen sie sogar die Finanzen. Als „Robo-Advisor“ kümmert sich Kollege Computer um die Zukunft unseres Geldes.  Was findet denn da eigentlich statt, ist es erfolgreich – und wollen wir das überhaupt?

Diese und andere Fragen werden beantwortet, wenn Sie sich circa zehn Minuten auf einen Text konzentrieren, der HIER beginnt: Ist der Terminator ein Underperformer? Ein neuer Beitrag aus der Kolumne Finanz & Eleganz. weiterlesen

The Black Monday Murders – ein Comic über die Schwarze Magie der Börse

The Black Monday Murders –

ein Comic über die Schwarze Magie der Börse

Text: Bernd Villhauer, Bilder: Image Comics

 

Es war wohl nicht zu vermeiden, dass in meinen Seitenblicken auf die Finanzwelt auch einmal ein Comic besprochen wird. Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich der „9. Kunst“, dem Comic-Genre, schon verfallen bin, seitdem ich „Daniel Düsentrieb“ fehlerfrei aussprechen konnte. Es kommt also wie es kommen musste. Allerdings gebe ich keinen Überblick über das Thema „Börse im Comic“ – das wäre auch ein faszinierendes Projekt, das aber zur Zeit noch in der Schublade „Recherche!“ ruht. Vorab will ich nur meiner Freude über den lesenswerten neuen Comic The Black Monday Murders Ausdruck verleihen, der in einer außergewöhnlichen Weise auf die Finanzwelt blickt. The Black Monday Murders – ein Comic über die Schwarze Magie der Börse weiterlesen