Illustration: DMBO – Studio für Gestaltung
REVOLUTION
Editorial zu Ausgabe 3/2022
Keineswegs ist es so, dass eine Revolution nur ein mögliches Szenario darstellen würde – womöglich gar ein unwahrscheinliches. Tatsächlich ist die Revolution garantiert.
Nicht etwa, weil mit einer politischen Radikalisierung der Bevölkerung zu rechnen wäre. Auch nicht, weil technische Erfindungen und Weiterentwicklungen unser Leben revolutionieren würden. Nein, einfach deshalb, weil Revolutionär*in werden muss, wer überleben will. Denn unter der Maßgabe dessen, was heutiges Leben bestimmt – Erwerbsarbeit, Produktion zu Profitzwecken, Technikfetischismus, Physikalismus, fehlgeleiteter Konsum – ist man weder in der Lage, die Lebensgrundlagen zu schützen noch das Leben lebenswert zu gestalten.
Die Gesellschaft muss also vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Das heißt? Sie darf Menschen nicht länger animieren, wie Grottenolme zeitlebens im Larvenstadium zu verharren. Der unreife Traum von allgemeiner Sicherheit und Planbarkeit sowie von privat-materiellem, selbstbezogenem Glück muss als Albtraum entlarvt werden, der uns auf den zivilisatorischen Kollaps zusteuern lässt. Es gibt die gesellschaftliche Ordnung nicht, in der so etwas Wirklichkeit werden könnte. Die Gesellschaft ist keine Grotte, Glück und Freiheit sind immer sozial (der altgriechische idiotes ist der Privatier).
Statt sich mit seinen Ängsten im Kleinen zu arrangieren, geht es jetzt für alle raus ans Licht und mutig in die politische Mitgestaltung hinein, zumindest ab und zu in Bürgerräte. Niemand über 18 hat das Recht, brav mitzulaufen und sich in (Arbeits-)Routinen zu begeben, die er*sie nicht selbst mitentwickelt hat; niemand hat das Recht, naiv zu bleiben und sich auf Kosten kommender Generationen dumm und passiv zu konsumieren. Und: Es gibt keine unsichtbaren Hände. Mündige Demokrat*innen glauben an Menschen und sonst an nichts, weder an Märkte, Geld, Technik, Systeme, Materie noch an andere Götter. Unser Dasein hat keinen Grund, wir können uns auf kein allgemeines Gesetz berufen, keine Logik „des Lebens“, „der Natur“, „der Wirtschaft“ oder der „Gesellschaft“ existiert, nichts währt ewig.
Das alte Spiel ist ausgespielt. Es ist Zeit. Zeit für Revolution. ■
Ihr Frank Augustin
Chefredakteur