
Der Berg ruft nicht
Text und Fotos von Philippe Merz
Trotz hoher Besiedlungsdichte können wir in Deutschland und Europa noch immer einen Rest an zusammenhängender Natur mit Wäldern, Flüssen, Stränden und Bergen erleben, auch wenn der Großteil davon längst kultiviert und ökonomisch verwertet wird. Wann immer wir diese Landschaften besuchen, sind wir nur selten allein: Allerorten treffen wir Spaziergänger, Jogger, Radfahrer, Badefreudige, Wanderer oder Bergsteiger, die die Natur zu genießen scheinen. Ist also nicht alles in bester Ordnung? In den Städten arbeiten wir in unseren mehr oder weniger sinnstiftenden Jobs, und in der Freizeit erholen wir uns eben in der Natur – oder?
Mir scheint, dass dieses harmonische Bild zwar noch fleißig von Tourismusbehörden und Reiseveranstaltern genährt wird, es in Wahrheit aber weniger zutrifft denn je. Denn wenn wir unser Verhalten in der Natur aufrichtig und selbstkritisch beobachten, offenbart sich, dass wir fast all unsere Bequemlichkeiten und unser Anspruchsdenken, unsere Erwartungen an maximale Erlebnisse bei minimalem Einsatz sowie unsere Sehnsucht nach sozialer Anerkennung längst auf die Natur übertragen haben. Mehr noch: Die Natur scheint diejenige Bühne zu sein, auf der wir diese Bedürfnisse oft am aggressivsten auszuleben versuchen. Besonders markant zeigt sich diese Entwicklung an unserem Umgang mit dem alpinen Raum. Gerade hier können wir daher viel über unser grundsätzliches Verhältnis zur Natur lernen – und zugleich mehr über unsere Sehnsüchte und Widersprüche, als uns lieb sein kann. Der Berg ruft nicht – von Philippe Merz weiterlesen