Text: Reinhard Loske | Gastbeitrag | veröffentlicht am 04.11.2024
Es gehört keine prophetische Gabe dazu, um heute vorauszusagen, dass der Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr in hohem Maße von Wirtschaftsfragen geprägt sein wird. Auch gehört nicht viel Fantasie dazu, sich auszumalen, welches die Bilder, Erzählungen und Grundmelodien der verschiedenen Parteien in Sachen Revitalisierung der Ökonomie sein dürften. Was ist Wirtschaftskompetenz und wer hat sie? | Reinhard Loske weiterlesen
Herr Wallraff, der Begriff der Arbeit ist eng mit der Vorstellung von gesellschaftlichem Zusammenleben, von Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie verbunden. Hängt in einer Gesellschaft letztlich alles davon ab, welche Rolle der Arbeit zugesprochen wird, wie sie definiert und praktiziert wird? Was ist Ihre Definition von Arbeit?
Günter Wallraff ist durch diverse Reportagen über deutsche Großunternehmen bekannt geworden. Nach der zehnten Klasse verließ er das Gymnasium und begann eine Buchhändlerlehre, die er 1962 abschloss. Aufgrund seiner beharrlichen Weigerung eine Waffe in die Hand zu nehmen, wurde er beim Militärdienst zehn Monate lang schikaniert. Wallraff führte Tagebuch, aber die Bundeswehr verlangte von ihm, jegliche Veröffentlichung zu unterlassen. Als er das ablehnte, wurde er in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie des Bundeswehrlazaretts Koblenz eingewiesen. Nach einigen Wochen wurde er, wie er sagt, mit dem „Ehrentitel abnorme Persönlichkeit, für Frieden und Krieg untauglich, Tauglichkeitsgrad 6” wieder in die Freiheit entlassen. Die Veröffentlichung seiner Tagebücher aus der Zeit beim Militär war seine erste Enthüllungsgeschichte.
Arbeit sollte kein Selbstzweck sein – wie es in unserer Gesellschaft inzwischen leider Realität geworden ist. Das endet in Arbeitszwang, in „Arbeit um jeden Preis“ und führt dann dazu, dass diejenigen, die keine Arbeit haben, jede Arbeit verrichten, um dazuzugehören. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die den Menschen danach beurteilt, was er leistet und nicht, was er erleidet. Zugleich hat sich die Bewertung von Leistung und Arbeit ins Gegenteil verkehrt, so dass die Menschen, die oftmals am meisten leisten, die größten Entbehrungen auf sich nehmen, die eigentlichen Dienste an der Allgemeinheit leisten, dafür auch noch verachtet und in der gesellschaftlichen Rangordnung nach unten gedrängt werden – dies betrifft zum Beispiel die Pflegeberufe. Das ist eine Schieflage, die die ganze Gesellschaft ruiniert, die die Demokratie unterhöhlt. Wir leben in einer Situation, in der sich eine schmale Gesellschaftsschicht über die anderen erhebt, sich selbst Vorbildcharakter zuspricht, sich selbst feiert und mit dem Rest der Gesellschaft nichts mehr zu tun hat. Sie definieren Arbeit nur als wertvoll, wenn sie ihnen die Taschen füllt – den Gebrauchswert, den Gehalt, den sinnstiftende Charakter von Arbeit kümmert sie nicht.
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