„Es wird wieder eine klare Führung gefordert“
Guido Schmidt im Interview
Herr Schmidt, viele Unternehmer fühlen sich von Entwicklungen überrollt, die kaum noch beeinflussbar scheinen: die Digitalisierung verändert die Arbeit, der Klimawandel stellt Wohlstandsansprüche infrage, der demografische Wandel führt zum Fachkräftemangel. Ist die Führung zur Schadensbegrenzung geworden?

Das kommt auf die Art der Führung an. Diejenigen, die auf Herausforderungen nur reagieren, werden tatsächlich sehr schnell von den Entwicklungen überholt. Für manchen sind Digitalisierung und Klimawandel zunächst einmal Bedrohungen des Status Quo. Aus dieser Mutlosigkeit heraus, werden, wenn überhaupt, nur Maßnahmen der Schadensbegrenzung angestoßen. Bei einem solchen Verhalten wird gar keine echte Führung sichtbar.
Führung heißt, einen Weg zu weisen und Menschen davon zu überzeugen, diesen Weg mit zu gehen. Wenn man stehen bleibt, oder fast nicht von der Stelle bewegt, gibt es keinen sichtbaren Weg. Motivierend ist ein Verharren in der Regel auch nicht. Solche Führungskräfte haben keine Visionen, zeigen keinen Weg in eine positive Zukunft und sind auch nicht überzeugend. Tatsächlich gibt es sehr viele Menschen, die über eine Schadensbegrenzung nicht hinaus kommen und doch gerne als Führungskraft gesehen werden wollen.
Bei einer hintergründigen Betrachtung der aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen kann man aber feststellen, dass bei allen Themen implizit ein Aufbruch gefordert wird. Die Behandlung der Themen Klimawandel, Digitalisierung und Globalisierung, sind doch nicht anderes, als ein Aufruf zum Handeln. Es wird wieder eine klare Führung gefordert. Und tatsächlich stellen sich gerade in der letzten Zeit einige Führungskräfte der Wirtschaft den Herausforderungen und geben einen Weg vor, mit den Veränderungen umzugehen. Beispiele sind der Umstieg auf Elektromobilität, die Digitalisierung im Verkehr, die Neuausrichtung der Energieversorger und vor allen Dingen der Mittelstand mit tausenden kleinen und großen Innovationen.
In der Politik sind wir allerdings noch weit von einer zukunftsgerichteten Führung entfernt. Nehmen Sie z.B. den Kohleausstieg: Hier werden zwei konkurrierende Ziele gleichzeitig verfolgt. Fortschritt durch Umstieg auf neue Technologien und Schadensbegrenzung durch Arbeitsplatzerhalt in der „Altindustrie“. Es ist hier zwingend erforderlich, die Chancen des Neuen vor den vermeintlichen Nutzen des alten zu stellen. Zum Glück erkennen das auch immer mehr Politiker. Es mehren sich die Stimmen die sagen, dass ein Kohleausstieg 2038, also in 20 Jahren, einfach zu lang ist. „Es wird wieder eine klare Führung gefordert“ – Guido Schmidt im Interview weiterlesen