
Wo ist er hin, der Sinn?
Der Mensch in der Glaubenskrise
von Frank Augustin
Es ist verständlich, dass man sich die Zukunft schönredet. Tatsächlich aber wird das Leben immer sinnloser.
Alles Sinnvolle implodiert. Alles sicher Geglaubte zerfällt. Es geht bergab. Längst ist der gesellschaftliche Extremzustand zum Normalfall geworden, wie selbst in der kaum zu Zuspitzungen neigenden ZEIT von Bernd Ulrich festgestellt wurde („Es gibt offenbar einen Extremismus der Normalität“). Man hat in allen Bereichen – Gesellschaft, Wirtschaft, Natur, Körper, Psyche – auf Substanz gelebt. Und jetzt wird abgerechnet. Das bedeutet nicht bloß eine „Verschlechterung der Lebensqualität“, wie es wohlstandsgepuffert noch heißt, sondern das kostet Menschenleben.
Die Frage, die sich somit stellt: Kann in einem allgemeinen Niedergang ein sinnvolles Leben geführt werden? Was könnte das überhaupt für ein Sinn sein, der mehr als die Absicherung des eigenen Lebens betrifft? Ehrlich gesagt: keine Ahnung. Es fehlt jegliche Grundlage, auf der man sich Gedanken über die sinnvolle Gestaltung der Zukunft machen könnte. Das, was war, bietet keine Perspektive für das, was sein wird. „Wer indes ohne Zukunft lebt“, schreibt der Psychologe Christian Kohlross, „der stößt (…) in jedem Augenblick an die Grenze seines Untergangs. Denn sein Handeln kennt weder wirkliche Ziele und letzte Zwecke, noch sonst einen Sinn. Denn die lägen ja in der Zukunft. Mit einem Wort: Wer ohne Zukunft lebt, der lebt im Zustand fortwährender Depression.“ Wo ist er hin, der Sinn? Der Mensch in der Glaubenskrise weiterlesen