„Der radikale Nationalismus ist ein stärkeres Gift als die frühere sowjetische Ideologie“ | Interview mit Philipp Ther

FriedensdemonstrationFoto: Markus Spiske | Unsplash

 

„Der radikale Nationalismus ist ein stärkeres Gift als die frühere sowjetische Ideologie“

Interview mit Philipp Ther

In einem Interview kurz nach Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine haben Sie gesagt, Deutschland sei „aufgewacht“. Woraus sind wir aufgewacht und wer hat sich was vorgemacht?

Russland hat die Ukraine 2022 nicht zum ersten Mal angegriffen, ich erinnere hier an die Annexion der Krim und den verdeckten Einmarsch im Donbas im Jahr 2014. Die Bundesregierung hat, von ein paar schwachen Sanktionen abgesehen, auf die russische Aggression kaum reagiert, am Bau der Ostseepipeline North Stream 2 festgehalten und sich dadurch willentlich noch mehr von russischem Gas abhängig gemacht. Man hat verschlafen, in welche Richtung sich das Putin-Regime bewegt und auch nicht genug auf die östlichen EU-Staaten und ihre Warnungen gehört. Daher wirkte der zweite Angriff Russlands gegen die Ukraine wie ein Weckruf. „Der radikale Nationalismus ist ein stärkeres Gift als die frühere sowjetische Ideologie“ | Interview mit Philipp Ther weiterlesen

Utopien erfahrbar machen | Interview mit Stella Schaller vom Zentrum für Realutopien

Stuttgart 2045?Stuttgart 2045 by Reinventing Society / Render Vision, CC BY-NC-SA 4.0

 

Utopien erfahrbar machen

 Interview mit Stella Schaller | Reinventing Society

Wie kann eine Zukunft aussehen, in der die Gesellschaft im Einklang mit den planetaren Grenzen steht und das Wohl von Menschen vor Profite gestellt wird? Die Schwierigkeit, sich eine solche Zukunft vorstellen zu können, lässt sicherlich die eine oder den anderen resigniert zurück.

Dieser Mangel an utopischen Ideen ist der Ansatzpunkt des Zentrums für Realutopien. Das Zentrum wurde Ende 2020 von Menschen mit verschiedenen fachlichen Hintergründen ins Leben gerufen und versteht sich als ein Think-and-Do-Tank. Ihr Anspruch: „Reinventing Society“. Sie wollen „gesellschaftliche Utopien eines guten Lebens innerhalb planetarer Grenzen“ entwickeln und Menschen dazu befähigen, „die eigenen und systemischen Zukunftspotenziale zu verwirklichen“. Dazu führen sie Workshops durch und bieten Beratung für Individuen, Gruppen und ganze Organisationen an. Utopien erfahrbar machen | Interview mit Stella Schaller vom Zentrum für Realutopien weiterlesen

The Russian war on Ukraine and Europe | Philipp Ther

Demonstration gegen den Krieg in der UkraineFoto: Eneia Dragomir

 

The Russian war on Ukraine and Europe: Is the EU ready for the challenge?

Text: Philipp Ther | Gastbeitrag

The military attack on Ukraine seems to be stalled around Kyiv and the northern frontlines. Yet the hopes of the defenders may turn out to be premature, especially on the political battlefields and if one looks beyond Ukraine. The EU and its central economic power Germany have not yet fully understood that this conflict is not limited to the battlefields of Ukraine, and that they have been attacked as well. The lack of awareness became most obvious after the speech by Ukrainian president Volodymyr Zelenskiy to the German parliament, which rejected a debate, referring to its set agenda for the day. The Russian war on Ukraine and Europe | Philipp Ther weiterlesen

Der Markt auf Steroiden | Interview mit Katharina Pistor

Hochhäuser im NebelFoto: Matthew Henry | Unsplash

 

Der Markt auf Steroiden

Interview mit Katharina Pistor

In ihrem Buch Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft (Suhrkamp, 2020) zeigt die Juristin Katharina Pistor, wie Gesetze, Gerichte und Anwälte den Kapitalismus in seiner heutigen Form begründet haben, wie über mehrere Jahrhunderte rechtliche Regelungen und Entscheidungen dazu geführt haben, dass man fast alles – Natur, Gensequenzen, Ideen – als privates Kapital codieren und der Allgemeinheit entziehen kann. Pistor beklagt, dass das Recht, das in einer demokratischen Gesellschaft für alle gleich ausfallen und zugänglich sein sollte, die Ungleichheit verschärft und Reichen sowie Kapitalgesellschaften Privilegien verschafft. Es seien zunehmend nicht die demokratisch gewählten Regierungen, die über die Gestaltung der Gesellschaft bestimmen würden, sondern die „Herren des Codes“, die Rechtsanwält*innen. Die rechtlichen Möglichkeiten der Codierung von Gütern zu Kapital haben sich über Jahrhunderte stetig weiterentwickelt und an Attraktivität für Vermögende und große Unternehmen gewonnen, so Pistor. Das Wissen über diese Möglichkeiten und der Zugang zu diesen rechtlichen Instrumenten seien entscheidend für die Sicherung und Bildung von Vermögen sowie für die wachsende Vermögensungleichheit. Die Abschirmung von Vermögen vor Besteuerung gehöre zu den gefragtesten Dienstleistungen der großen Anwaltskanzleien. Der Markt auf Steroiden | Interview mit Katharina Pistor weiterlesen

„Schützen durch Nützen“ | Interview mit Roland Heidelberg

Biene und BlumeAlle Fotos: Biosphärengebiet Schwäbische Alb

 

„Schützen durch Nützen“ – Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb

Wacholderheiden und Buchenwälder, Weiden und Streuobstwiesen, Äcker und sogar Zonen mit industrieller Nutzung – das etwa 85.270 Hektar große südlich von Stuttgart gelegene Biosphärengebiet Schwäbische Alb wurde 2008 eingerichtet und ist seit 2009 eines von 16 UNESCO-Biosphärenreservaten in Deutschland. Biosphärenreservate, von denen es weltweit 727 gibt (Stand Oktober 2021), sind Modellregionen, in denen aufgezeigt werden soll, wie sich Wirtschaft, Tourismus und Besiedlung mit den Belangen des Umwelt- und Landschaftsschutzes innovativ fortentwickeln lassen. Die Anerkennung von Biosphärenreservaten durch die UNESCO erfolgt auf Antrag nach Erfüllung verbindlicher Kriterien.

Die 727 Biosphärenreservate machen fünf Prozent der Landmasse der Erde aus. Ziel der UNESCO ist es, dass bis 2030 sogar 30 Prozent des Planeten zu Biosphärenreservaten erklärt werden, in denen die Erhaltung der biologischen Vielfalt mit ökologischer Bildung und nachhaltigen Wirtschaftsformen verbunden werden soll. „Schützen durch Nützen“ | Interview mit Roland Heidelberg weiterlesen

Seuchen als soziale Katastrophen | Christoph Butterwegge

Schild: Social DistancingFoto: Belinda Fewings | Unsplash

 

Seuchen als soziale Katastrophen

Von der Pest bis zur Covid-19-Pandemie

Text: Christoph Butterwegge | Gastbeitrag

Seuchen, Epidemien und Pandemien gelten vielfach als Naturkatastrophen, obwohl sie im Unterschied zu Tornados und Tsunamis überwiegend von Menschen gemacht, mitverschuldet oder selbst verantwortet werden. Stellt man Seuchen als Naturkatastrophen wie Stürme oder Flutwellen dar, bleiben ihre ökologischen und sozialen Wurzeln im Dunkeln. Seuchen als soziale Katastrophen | Christoph Butterwegge weiterlesen

Wir müssen reden! Plädoyer für eine transformative Gesprächskultur | Viola Gerlach & Sebastian Möller

SilhouettenFoto: Harli Marten | Unsplash

 

Wir müssen reden!

Plädoyer für eine transformative Gesprächskultur

Text: Viola Gerlach & Sebastian Möller

Dass sich Gesellschaft und Wirtschaft mitten in einer Umbruchsituation befinden, steht außer Frage. Doch wie wir damit umgehen, ist umstritten. Angesicht der Tragweite und Dringlichkeit der Herausforderung des Klimawandels erscheinen weder ein bedingungsloses Zutrauen in vermeintlich marktwirtschaftliche Innovationskräfte noch moralische Überlegenheitsgefühle gegenüber als nicht nachhaltig genug gebrandmarkten Unternehmer*innen und Konsument*innen besonders hilfreich oder zielführend. Beide Positionen verzichten auf den offenen Dialog, reduzieren Komplexität, stereotypisieren ein vermeintliches Gegenüber und tragen dadurch zur gesellschaftlichen Spaltung bei. Wir müssen reden! Plädoyer für eine transformative Gesprächskultur | Viola Gerlach & Sebastian Möller weiterlesen

Commons statt Kapital | Stefan Meretz

Schriftzug auf einer HauswandFoto: Simon Peel | Unsplash

 

Commons statt Kapital

 Text: Stefan Meretz

Klimaschutz und Kapitalismus sind unvereinbar. Aber wie kann eine Lebens- und Produktionsweise jenseits der Geldlogik und der Verhaltensweisen, die sie uns nahelegt, aussehen? Mein Vorschlag: Commons. Die Mittel, die wir zum Leben und Produzieren brauchen, als Gemeinsame, also als Commons zu behandeln, kann bei der geteilten Wohnung als WG beginnen, über freie Software zu solidarischer Landwirtschaft führen und noch weit darüber hinausgehen. Commons statt Kapital | Stefan Meretz weiterlesen

„Wir zahlen den Preis der verschleppten Energiewende“ | Interview mit Claudia Kemfert

Demonstration gegen fossile EnergienFoto: Callum Shaw | Unsplash

 

„Wir zahlen den Preis der verschleppten Energiewende“

Interview mit Claudia Kemfert

Mit anderen Scientists for Future fordern Sie in einer neuen Studie eine „Wärmewende gegen Erdgasabhängigkeit“ – was ist nötig, um diese Wende zu vollziehen? Warum liegen diejenigen falsch, die meinen, die Energiewende würde die Preise hochtreiben?

Fakt ist: die Preise für fossile Energien, für Öl Gas und Kohle explodieren, Energiesparen und erneuerbare Energien wirken preissenkend. Je weniger Energie wir verbrauchen, desto geringer die Kosten. Hätten wir die Wärmewende in den vergangenen 15 Jahren konsequent umgesetzt, und wären mehr Häuser energetisch saniert, die Wärmepumpen oder erneuerbare Energien nutzen, wären die Kosten heute niedrig. Wir zahlen den Preis der verschleppten Energiewende. Das Verrückte ist: Energiewende, Wärmewende, Verkehrswende wurden allesamt ausgebremst mit dem Argument der angeblich horrend steigenden Kosten. Das Gegenteil ist richtig, wie man aktuell sieht. Wären wir den Narrativen der fossilen Wirtschaft nicht gefolgt, und hätten die Abhängigkeit von der fossilen Wirtschaft nicht so stark forciert, würden wir diese Kosten heute nicht haben. Somit: nicht die Energiewende treibt die Kosten, sondern die Nicht-Energiewende. „Wir zahlen den Preis der verschleppten Energiewende“ | Interview mit Claudia Kemfert weiterlesen

Resilienz und Vernunft – Willkommen in der Vielfachkrise | Stefanie Graefe

ÜberflutungFoto: Jonathan Ford | Unsplash

 

Resilienz und Vernunft

Willkommen in der Vielfachkrise

Text: Stefanie Graefe

Wir sollen alle resilient werden, so eine Aufforderung angesichts zunehmender Krisen und Katastrophen. Wir sollen also „krisenfest“ werden, Krisen sogar als Chancen entdecken. Doch das Konzept der Resilienz kann zum Aufruf an die Einzelnen verkümmern, einen kritikwürdigen gesellschaftlichen Zustand individuell aufzufangen – und damit zu verfestigen. Ist das vernünftig? Resilienz und Vernunft – Willkommen in der Vielfachkrise | Stefanie Graefe weiterlesen