Boden

Absturz ins Bodenlose?

Die Natur und ihre Veränderung

von Lia Polotzek

Unsere gesamte Erde ist bis auf die Meere, Flüsse und Bergregionen von einer feinporigen, belebten Schicht überzogen – den Böden. Die Qualität der Böden ist jedoch alarmierend. Nur noch 60 Ernten wird die Menschheit einfahren können, bevor es zu einem weltweiten Boden-Burn-out kommt – das war 2015 die schockierende Analyse der Welternährungsorganisation. Da etwa 95 Prozent unserer Nahrungsmittel direkt oder indirekt aus dem Boden kommen, hängt das Überleben der Menschheit von den Böden ab. Und die Entstehung neuer Böden ist denkbar langsam: Es braucht etwa 2.000 Jahre bis zehn Zentimeter Boden entstehen.

 

Weltweit sind bereits 20 bis 25 Prozent der Böden erodiert und etwa fünf bis zehn Millionen Hektar kommen im Jahr hinzu – eine Fläche so groß wie Ungarn. Die größten Feinde der Böden sind neben der menschengemachten Klimaveränderung die industrielle Landwirtschaft und die Rodung von Wäldern. Aber auch der Flächenfraß für Häuser, Industrieanlagen und Verkehrswege ist enorm. Ein Prozent der weltweiten Böden sind bebaut, ein weiteres Prozent nehmen Minen und Tagebauten ein, die Brennstoffe, Metalle und Mineralien für unsere Industrieanlagen liefern.

Den größten Anteil am möglichen Boden-Burn-out trägt jedoch die industrielle Landwirtschaft. Monokulturen, kurze Fruchtfolgen, übermäßige Ausbringung von Düngemitteln und Pestiziden und seltener Zwischenfruchtanbau sorgen weltweit dafür, dass der Boden an Lebewesen verliert und der Humusgehalt sich verringert. Versalzung ist besonders in trockenen Ländern ein Grund für Bodenerosion, künstliche Bewässerung verstärkt das Problem und schweres landwirtschaftliches Gerät führt weltweit zu Bodenverdichtung.

Trotzdem ist der Bodenschutz auf internationaler Ebene – anders als der Klimaschutz oder der Schutz der Biodiversität – nicht über ein eigenes Abkommen verankert. Auch eine Europäische Bodenschutzrichtlinie gibt es bis heute nicht, denn Deutschland hat sie auf Druck der Bauernverbände mit verhindert. Das deutsche Bodenschutzgesetz hingegen bezieht sich vorwiegend auf sogenannte Altlasten in Böden. Der Landwirtschaft wird lediglich nahegelegt, „gute fachliche Praxis“ zu leisten. Um die Böden zu schützen, müssten Landwirtschaft, Energiewirtschaft und auch die neue „Bioökonomie“ ganz grundsätzlich transformiert werden. Die Wirtschaft müsste sich ändern, damit unser Boden erhalten bleibt.

Dieser Text ist Teil des agora42-Lexikons zum Thema NATUR UND WIRTSCHAFT. Darin sind folgende Begriffe enthalten:

BIODIVERSITÄT – BODEN – TIERHALTUNG – KLIMA – LUFT – WALD – WASSER

Das vollständige Lexikon, sowie weitere Artikel zu diesem Thema finden Sie in der Ausgabe NATUR UND WIRTSCHAFT der agora42: