Ein Gedankenspiel von Kai Jannek | 23.04.2051

Drohnen

Illustrationen: DMBO – Studio für Gestaltung

Text: Kai Jannek

23.04.2051

Liebes Tagebuch,

vor nicht einmal einer halben Stunde poppten die Wahl- und Spendenaufrufe auf all meinen Displays auf. Die komplette in der Diaspora lebende Gemeinde war adressiert worden. Es ging um die sofortige Abwahl und Absetzung des Präsidenten in unserem Heimatland. Ich selbst beteiligte mich nicht, aber anscheinend haben sich genug Spender gefunden. Vor vielleicht zwei Minuten zeigten die Nachrichten die Live-Bilder seiner Demission. Er hatte gerade die Kapsel seiner gepanzerten Limousine geöffnet, um ein Restaurant zu betreten, als ein dunkler Schwarm, ich vermute Mikrodrohnen, mit hoher Geschwindigkeit in seine Augen flog. Die Bilder waren schrecklich und ich muss die Erinnerungen dringend überschreiben. Landik ist nicht der erste Regierungschef, der von autonomen Killerdrohnen niedergestreckt wurde. Finanziert via Crowdfunding in einer anonymen Kryptowährung. Ausgeführt von dezentralen autonomen Organisationen, die ihre Dienste auf 12Chan im Darknet anbieten. Dort gibt es einen sehr differenzierten Automated Assassination Market. Anhänger können natürlich auch für den Schutz der jeweiligen Zielperson spenden. Man könnte also fast von Demokratie sprechen. Im Fall von Landik, ich habe mir die Zahlen gerade angeschaut, war die Unterstützung allerdings gering.

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Gedankenspiel – 08.04.2051

08.04.2051

Liebes Tagebuch,

seit fast einer Woche hatte ich mir keine künstlichen Erinnerungen mehr eingespielt. Und ich musste feststellen: Mein realer Alltag war doch ziemlich eintönig. Um also mal wieder etwas zu erleben, hatte ich eine Elefanten-Tour in einem Naturschutzgebiet im Norden der thailändischen Provinz gebucht.

Heute morgen habe ich dann die frühe Hyperloop-Verbindung nach Chiang Mai genommen. Eigentlich wollte ich während der zweistündigen Fahrt ein wenig Schlaf nachholen, aber ich wurde derart mit Werbung beschallt, dass ich kein Auge zubekam. Hier ein Angebot für eine regenerative Koronarbehandlung, dort ein Angebot für ein bionisches Auge mit Zehnfach-Zoom und Makro, dazu ein Hinweis auf eine Schweinefarm, in der schon eine neue, auf mich abgestimmte Bauchspeicheldrüse wuchs. So ging das in einer Tour.

Am Zielbahnhof angekommen, ließ ich mich von einem autonomen Pod ins Naturschutzgebiet fahren. Es ging vorbei an gigantischen Indoor-Farmen von Pfizer, in denen Pharmapflanzen angebaut wurden. Vermutlich Tabakpflanzen, in denen Impfstoffe, Hormone oder Krebsantikörper heranwuchsen. Dann passierten wir ausgedehnte Grasplantagen von Rio Tinto. Dort wurden natürlich keine gewöhnlichen Gräser angebaut, sondern spezielle Hyperakkumulatoren, die Platin, Palladium oder Germanium aus dem Boden zogen. Gedankenspiel – 08.04.2051 weiterlesen

Ein Gedankenspiel von Kai Jannek | 31.03.2051

Ordnung und Überwachung

Illustration: DMBO – Studio für Gestaltung

31.03.2051

Liebes Tagebuch,

ein aufregender Tag geht zu Ende. Ich habe heute viel über die alltägliche Polizeiarbeit erfahren. Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, dass Yong suspendiert worden ist und ich hatte seine Termine wahrnehmen müssen. Dazu gehörte das heutige Treffen mit dem Chef der lokalen Polizeiagentur, um zu erfahren, wie sich die Roboter aus unserer Manufaktur bislang im Einsatz bewähren. Ausgerechnet auf dem Weg zur Polizei ging ich über eine rote Ampel. Ich war zu Fuß unterwegs – die Behörde ist ja nur zwei Blocks von meinem Apartment entfernt. Ich war so in Gedanken, dass ich weder die rote Ampel wahrnahm noch die Warnsignale, die meine Kontaktlinsen mir in mein Sichtfeld einspielten. Die Überwachungskameras hielten den Vorgang natürlich sofort fest. Als ich die andere Straßenseite erreichte, sah ich mein Bild auf dem Display am Ampelmast. Darunter verriet ein kurzer Schriftzug mein aktuelles Vergehen; ebenso wie einige weitere kleine Ordnungswidrigkeiten, die ich mir in den letzten fünf Jahren hatte zu Schulden kommen lassen. Ein Gedankenspiel von Kai Jannek | 31.03.2051 weiterlesen

Verantwortung als mitweltorientierte Sorge | Sarah Lange

SterneFoto: Brett Ritchie | Unsplash

 

Verantwortung als mitweltorientierte Sorge

Ein Gedankenspiel über unternehmerischen Wandel mit einem ungewöhnlichen Gesprächspartner

Text: Sarah Lange | Netzwerk Plurale Ökonomik

Stellen Sie sich vor, Sie treffen eine außerirdische Gestalt, ein quietsch-grünes Alien, rein zufällig natürlich, auf dem allmorgendlichen Weg zur Arbeit. Es schaut Sie stirnrunzelnd an und fragt: „Was ist die Erde? Was macht euren Planeten aus?“ Was würden Sie antworten? Wären Sie ehrlich?
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2/2021 STOPP! NEUSTART

Cover der Ausgabe 2/2021

Im TERRAIN-(STOPP!-)Teil spricht sich LARISA TSVETKOVA dafür aus, die Bauwut zu stoppen, um- und auszubauen, statt abzureißen und neuzubauen, WEERT CANZLER und ANDREAS KNIE fordern dazu auf, den auf das private Auto fixierten „Zwangsverkehr“ zu stoppen und an seiner Stelle eine vielfältige, vernetzte Mobilität zu realisieren, JUTTA SUNDERMANN und LEONIE STEINHERR rufen dazu auf, das Arten- und Höfesterben als verbundene Phänomene zu begreifen und CHRISTIAN NEUHÄUSER regt dazu an, das Reichtumsstreben zu stoppen. ENEIA DRAGOMIR porträtiert Walter Benjamin, der seinerzeit vorschlug, Revolutionen als Griff nach der Notbremse zu begreifen.

Anstelle eines reinen INTERVIEWS finden Sie im neuen Heft das lebhafte Gespräch dreier Denkerinnen: MAJA GÖPEL, ULRIKE GUÉROT und LISA HERZOG haben sich mit uns und miteinander darüber unterhalten, was unbedingt am Laufen gehalten werden muss, was schleunigst abzustellen ist und wie unsere Demokratie gefestigt und ausgebaut werden kann.

Im HORIZONT-(NEUSTART-)Teil skizziert TAMARA EHS die Wiederbelebung der Demokratie durch Bürgerräte, umreißt RICHARD DAVID PRECHT den „Neustart Schule“ und erläutert JASON HICKEL die Vereinbarkeit von Postwachstumsansätzen mit den geld- und budgetpolitischen Annahmen der Modern Monetary Theory (MMT).

In unserer neuen Rubrik NEXT ECONOMY beschreiben TANJA BRUMBAUER und ULLA PUCKHABER einen solidarischen Weg aus der Krise und in der Rubrik WEITWINKEL rufen SILJA GRAUPE und WALTER O. ÖTSCH dazu auf, die Offenheit der empirischen Forschung gegen die Rufe nach falscher Sicherheit und Eindeutigkeit zu verteidigen. In der Rubrik LAND IN SICHT haben wir über die Ansätze des Verantwortungseigentums und der Solidarischen Landwirtschaft gesprochen. In der Rubrik WOZU KUNST? gibt MARINA GRŽINIĆ eine Antwort auf die Frage „Warum Kunst?“. In seinem neusten GEDANKENSPIEL wirft KAI JANNEK einen Blick auf Varianten des Neustarts im Jahre 2051.

1/2021 WAHRHEIT & WIRKLICHKEIT

Cover der Ausgabe 1/2021

Im TERRAIN-Teil fragt BERNHARD MALKMUS, warum wir auf eine zunehmend bedrohliche Wirklichkeit mit einem „Weiter-so“ antworten, LIA POLOTZEK prüft den Realitätsgehalt der so genannten „Realwirtschaft“, KATHRIN HARTMANN nimmt das „Engagement“ der selbsternannten weltgrößten NGO, Unilever, unter die Lupe und ULRIKE HERRMANN skizziert, wie eine klimaneutrale Wirtschaft wirklich aussehen würde. Im PORTRAIT stellt ENEIA DRAGOMIR dar, was das Buch Die Grenzen des Wachstums jenseits des zum Slogan geronnenen Titels zu bieten hat.

Anstelle eines INTERVIEWS lassen wir in dieser Ausgabe die fünf Referent*innen zu Wort kommen, die im Oktober dieses Jahres auf der PAЯADOX • 2020 zum Thema der Ausgabe gesprochen haben: ERNST ULRICH VON WEIZSÄCKER über die Wirklichkeit einer „vollen Welt“, DANIEL GOLDSCHEIDER über ökologische Fußabdrücke und die eigentlichen Quellen glücklichen Lebens, MONIKA GONSER über die unterschiedlichen Wirklichkeitswahrnehmungen in Zivilgesellschaft, Staat und Wirtschaft, SEBASTIAN OSTRITSCH über die „Wahrheit und das Absolute“ und HANNA NOLLER über die wirkliche „Aktivierung“ der Bürger*innen jenseits ihrer bloßen Beteiligung an der Gestaltung städtischer Lebensräume.

Im HORIZONT-Teil machen OLIVER RICHTERS und ANDREAS SIEMONEIT die „Materialblindheit“ unseres Verständnisses von Innovation sichtbar, FRIEDERIKE GRÄFF öffnet uns die Augen für das subversive Potenzial des Schlafens und Wartens, TIMO RIEG fordert dazu auf, das Grundeigentum und die Fesseln, die es den Allermeisten anlegt, zu überwinden und FRANK AUGUSTIN weist gut hegelianisch darauf hin, dass Widersprüche nicht einfach nur ertragen werden müssen, sondern auch den Weg ins Neue weisen.

In unserer neuen Rubrik ZUKUNFT FÜR ALLE (in Zusammenarbeit mit dem Konzeptwerk Neue Ökonomie in Leipzig) skizzieren NINA TREU und KAI KUHNHENN Wege zu neuen Wirtschafts- und Lebensweisen, in der wiederbelebten Rubrik FRISCHLUFT stellt JULIA SCHMID die Forschung zu Narrativen der Wirtschaftswissenschaften am Beispiel der Kritik Marianna Mazzucatos am falschen Bild des „unproduktiven Staates“ dar. „WOZU KUNST?“ haben ALMUT BENKERT und JANUSZ CZECH die Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg PETRA OLSCHOWSKI gefragt. Im Gespräch geht es um die gesellschaftliche Bedeutung von Kunst und um die aktuelle Lage vor allem der freischaffenden Künstler*innen. In seinem neusten GEDANKENSPIEL wirft KAI JANNEK einen Blick auf die smarte Zukunft der Pandemiebekämpfung.

Church of Money | Anna Steward

Anna Steward als GeldpilgerinFoto: Natasha Vicars

 

Church of Money – eine Geldpilgerreise

Text: Anna Steward

Die Künstlerin Anna Steward hatte sich 2014 auf eine Geld-Pilgerreise begeben, über die ein Film entstanden ist: Church of Money. Als Geld-Pilgerin hat sie die heiligen Orte des Geldes besucht und versucht, den Glauben an das Geld zu definieren. Church of Money | Anna Steward weiterlesen