Demokratisch arbeiten? | von Philippe Merz

Demokratie auch während der Arbeitszeit?

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Demokratisch arbeiten? Der Arbeitsplatz als Ort der Demokratiebildung

Von Philippe Merz

Zu den vielen Widersprüchen unseres Alltags gehört auch dieser: Wir verstehen uns gerne als selbstbestimmte Bürgerinnen und Bürger einer liberalen Demokratie, die ihre Lebensumstände selbst gestalten können, doch die meisten von uns verbringen den größten Teil ihrer wachen wöchentlichen Lebenszeit in Strukturen, die alles andere als selbstbestimmt sind – nämlich am Arbeitsplatz. Hier sind die Möglichkeiten der Selbstbestimmung sowohl im Kleinen, etwa bei einer marginalen Veränderung der Arbeitsabläufe, als auch im größeren Rahmen, etwa bei der strategischen Organisationsentwicklung, oft erstaunlich begrenzt.

Auch viele Menschen, die an den Weiterbildungen und Seminaren der Thales-Akademie teilnehmen, beschreiben solche alltäglichen Erfahrungen der Fremdbestimmung auf ähnliche Weise, unabhängig davon, ob sie in einem mittelständischen Unternehmen oder einem internationalen Konzern, einer Unternehmensberatung oder einer NGO, einer Hochschule oder einem Krankenhaus arbeiten: Sie erleben Organisationen, in denen Führungskräfte einsame Entscheidungen treffen, über die die Betroffenen häufig nur den Kopf schütteln können. Sie erleben Organisationen, in denen die Beschäftigten zum Spielball der Stimmungen ihrer Vorgesetzten werden, in denen Informationen primär über informelle Netzwerke fließen, Entscheidungen auf unübersichtlichen Wegen getroffen werden oder interne Machtkämpfe nur hilflos erduldet werden können. Und nicht zuletzt erleben sie Organisationen mit intransparenten Vergütungsmodellen, in denen das Gehalt stark vom Verhandlungsgeschick jedes Einzelnen oder der persönlichen Gunst von Vorgesetzten abhängt.

Die demokratische Verantwortung von Arbeitgebern

Diese Diagnose ist zwar präzisierungsbedürftig, legt aber bereits eine dringende Frage nahe: Wie können wir eigentlich erwarten, dass Menschen dauerhaft die Demokratie unterstützen oder sogar bereit sind, sie mit klarer Haltung gegenüber autoritären Bewegungen zu verteidigen, wenn demokratische Prinzipien wie Mitbestimmung, Transparenz, Chancengleichheit und der Respekt für andere Perspektiven und Bedürfnisse in ihrem Arbeitsalltag eine derart untergeordnete Rolle spielen? Oder pointierter formuliert: Welche Verantwortung tragen nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen, sondern Arbeitgeber generell (etwa auch der Staat als Arbeitgeber von Lehrerinnen, Hochschulmitarbeitern, Friedhofsgärtnern, Reinigungskräften etc.), Beschäftigte in ihrem Selbstverständnis als mündige Erwachsene zu stärken?

„Auch Arbeitgeber tragen Verantwortung für die Demokratiebildung.“

Dringend ist diese Frage aus mindestens drei Gründen: Zum einen, weil laut der aktuellen Leipziger Autoritarismus-Studie mittlerweile fast die Hälfte der BundesbürgerInnen betonen, dass sie die Demokratie in Deutschland für strukturell defizitär und fehlentwickelt halten. Zum anderen, weil diese schleichende Krise der Demokratie, die sich in zahlreichen anderen Ländern schon zu einer handfesten Erosion entwickelt hat, von einer Krise unserer konsumfixierten, ökologisch bedenklichen Wirtschaftsordnung begleitet wird. Und drittens ist diese Frage dringend, weil die öffentliche Diskussion um das Spannungsverhältnis zwischen unserer Rolle als Staatsbürger und unserer Rolle als Wirtschaftsbürger bislang merkwürdig leise und geradezu randständig verläuft – sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik und den Unternehmen selbst.

Seid agil, sonst kommt das Krokodil!

Philippe Merz
Philippe Merz ist Mitgründer und Geschäftsführer der Thales-Akademie für Wirtschaft und Philosophie in Freiburg. Er promovierte zur phänomenologischen Ethik Edmund Husserls und gründete bereits während dessen die Freigeist-Akademie für Geisteswissenschaften. Heute leitet er bundesweit Seminare zur Wirtschaftsphilosophie, Unternehmensverantwortung, Medizinethik und Ethik der Digitalisierung.

Dabei gäbe es dieser Tage einen ebenso naheliegenden wie prominenten Anknüpfungspunkt, um die Verantwortung von Arbeitgebern für die Demokratie zu thematisieren; einen Anknüpfungspunkt, von dem mittlerweile nicht nur jede mittlere Führungskraft, sondern nahezu jeder Finanzbeamte und jede Grundschullehrerin gehört hat: Die Rede ist von einer agilen Organisationskultur. Denn jenseits aller Lobgesänge auf diesen jüngsten Managementtrend und auch jenseits allen Überdrusses birgt diese, näher besehen, tatsächlich ein erhebliches Potenzial, um Beschäftigte in ihrer eigenständigen Urteilskraft und freiwilligen Verantwortungsübernahme zu stärken, Transparenz und Chancengleichheit zu fördern sowie die einseitige Ausrichtung an ökonomischen Erfolgskriterien zu überwinden. Das gilt allerdings nur dann, wenn eine solche Idee nicht nur als „Tool“ verstanden wird, um in einer angeblich so komplexen, schnelllebigen, vieldeutigen und unvorhersagbaren Welt (Stichwort „VUCA“) noch schneller und anpassungsfähiger auf kompetitiven Märkten zu agieren.

Denn so verstanden ist Agilität nicht mehr als ein aus der Softwareindustrie entlehntes Instrument, um in kurzfristigen Zyklen auf Kundenwünsche zu reagieren, anstatt wie bislang prozess- und projektorientiert zu arbeiten. Auch der viel zitierte Abschied von etablierten Hierarchien zugunsten von kleinen, selbstbestimmten Teams wird dann zum bloßen Mittel, um die Flexibilität und Geschwindigkeit von Entwicklungsprozessen zu erhöhen und die Kreativität und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten ein weiteres Mal zu steigern. So wird Agilität, wie zahllose andere Managementtrends zuvor, zum reinen Erfüllungsgehilfen degradiert. Dieses spätkapitalistische Festhalten an unserem wachstumsfixierten Wirtschaftsmodell führt dazu, dass wir die letzten noch brach liegenden kreativen und intellektuellen Potenziale der Beschäftigten mobilisieren, um den letzten aller irdischen Zwecke zu erreichen: die Steigerung der Umsätze und Gewinne.

Es ist kaum überraschend, dass derzeit die meisten der immer zahlreicheren Organisationen, Beratungsunternehmen und Coaches, die nun auf der agilen Welle surfen, diesen ökonomisch vereinseitigten Kurs einschlagen. Zu groß ist die Sehnsucht, sich der digital beschleunigten Welt anzupassen, um die eigene Bedeutung und Existenz zu sichern. Zu verlockend sind die finanziellen Gewinnversprechen, die mit der Umstellung auf agile Organisationsstrukturen einhergehen. Zu sehr haben wir uns außerdem daran gewöhnt, uns zu Unternehmern unserer selbst zu machen, also nicht nur unseren Arbeitsalltag, sondern unser gesamtes Leben bis in die Tiefen unserer persönlichen Beziehungen hinein als ein permanent optimierungsfähiges Projekt zu verstehen und zu gestalten.
Gibt es also keinen Ausweg aus dieser Verwertungsspirale? Viele akademisch arbeitende Soziologen, Philosophen und Psychologen scheinen zu dieser Einschätzung zu neigen. Inspiriert von den Gouvernementalitätsstudien Michel Foucaults, sehen sie sich in der Diagnose bestätigt, dass Kategorien wie Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Wahlfreiheit heute nicht deswegen favorisiert werden, weil es tatsächlich darum ginge, Beschäftigte in ihrer Mündigkeit zu stärken, sondern vielmehr deswegen, weil just diese Kategorien im Kapitalismus ohnehin Priorität genießen und sie nun umso leichter genutzt werden können, um die Beschäftigten noch subtiler zur Ausschöpfung all ihrer Ressourcen zu animieren.

Andere Autoren weisen darauf hin, dass auch die eingangs erwähnten und in vielen Organisationen noch immer prägenden hierarchischen Führungsstile erhebliche Schattenseiten mit sich bringen – insbesondere weil Beschäftigte hier nicht wie eigenverantwortliche Erwachsene, sondern wie weisungs- und betreuungsbedürftige Jugendliche behandelt werden.

Der Arbeitsphilosoph Klaus Peters veranschaulicht diese beiden Methoden der Mitarbeiterführung mit dem eingängigen Bild von der „Pistole“ gegenüber dem „Krokodil“: Während die Beschäftigten im Modell Pistole klare Anweisungen und sanktionsbewehrte Vorgaben von eindeutig identifizierbaren Vorgesetzten erhalten, werden die Beschäftigten im Modell Krokodil vielmehr indirekt gesteuert. Dabei tritt die Führungskraft als Person in den Hintergrund, indem sie nicht mehr mit Direktiven arbeitet, sondern leistungsaktivierende Rahmenbedingungen schafft. So werden etwa Ziele in gemeinsamer Absprache festgelegt und die Arbeitsumgebung einladend und wohnlich, ja geradezu spielerisch gestaltet, während hingegen die Zielerreichung den Beschäftigten weitgehend selbst überlassen wird – inklusive aller Risiken der Überforderung bis hin zur Selbstausbeutung. Doch wer, bitte schön, ist dann das Krokodil? Nun, das Krokodil ist der Markt selbst, mit all seiner anonymen und potenziell auch gnadenlosen Wettbewerbsdynamik, dessen heißen Atem wir permanent im Nacken spüren. Und weil wir diese Macht im Nacken spüren, muss uns auch kein Vorgesetzter mehr befehlen, schneller zu laufen oder höher zu springen. Das tun wir nun auch so, um unsere Existenz zu sichern. Die Methode Krokodil, in der sich der gegenwärtig vorherrschende Umgang mit „agilen Arbeitsformen“ spiegelt, besteht also darin, die Dynamik des Wettbewerbs für jeden Beschäftigten im Arbeitsalltag möglichst unmittelbar spürbar werden zu lassen.

Ist die Methode Krokodil also vielleicht sogar problematischer als die alte, paternalistische Methode Pistole? Nun, in jedem Fall ist sie allumfassender oder sogar, wie etwa Ulrich Bröckling und Oliver Decker es formulieren, tendenziell totalitär. Denn letztlich kann jedes menschliche Verhalten, also beileibe nicht nur das am Arbeitsplatz, ökonomisch interpretiert, verwertet und nach Effizienzkriterien optimiert werden. Für Bröckling gibt es daher kein echtes Entkommen aus der kapitalistischen Subjektivierungsdynamik, da wir in einer marktförmig strukturierten Gesellschaft permanent als Unternehmer des eigenen Lebens angerufen werden und auf diesen Ruf mit immer weitreichenderen Formen der unternehmerischen Selbstdeutung reagieren (müssen). Einzig Depression, Ironie und passive Resistenz können kurze, in ihrer Reichweite stets begrenzte Auszeiten bieten. So weit, so hoffnungslos.

Ein erweitertes Verständnis von Agilität

Blickt man jedoch jenseits der wissenschaftlichen Diskussionslandschaft auf die tatsächliche Praxis in Organisationen, lassen sich mittlerweile Entwicklungen ausmachen, die Anlass für mehr Optimismus bieten. Zahlreiche Organisationen setzen agile Methoden nicht mehr nur als Mittel für die weitere Effizienz- und Gewinnsteigerung ein, sondern um das eigenständige Denken und die Mitbestimmung aller Beteiligten zu fördern. Damit diese Prioritätenreihenfolge nicht doch wieder von der ökonomischen Gewinnmaximierungsdynamik erfasst wird, grenzen einige von ihnen den entscheidenden Treiber für Wachstumszwänge aus: Sie nehmen kein Fremdkapital mehr auf, weder von Banken noch klassischen Investoren. Denn, so trivial es klingen mag, diese Akteure stellen den Unternehmen das Kapital vor allem aufgrund ihrer eigenen Renditeerwartungen zur Verfügung. Und diese Erwartung setzt ja die Wachstumsdynamik erst in Gang. Organisationen, die sich dieser Dynamik entziehen wollen, müssen sich hingegen behutsam entwickeln und können dabei allenfalls mit nicht-renditeorientierten Investoren zusammenarbeiten (ja, auch solche gibt es).

„Der Wille zu einem demokratischen Miteinander kann von niemandem erzwungen werden – und doch ist er die Grundlage der Demokratie.“

Damit verabschieden sie sich von exponentiellen Gewinnerwartungen, wie sie in börsennotierten Kapitalgesellschaften, in der Start-up-Szene und sogar in der Social-Entrepreneur-Szene verbreitet sind. Stattdessen verschreiben sie sich sowohl in ihren Innenbeziehungen, also im kollegialen Miteinander, als auch in ihren Außenbeziehungen mit Geschäftspartnern, Kunden und Lieferanten der Idee, möglichst allen Beteiligten ein Mitspracherecht oder sogar ein Veto-Recht bei allen unternehmerischen Entscheidungen zu ermöglichen. Ein solche Demokratisierung des Unternehmens kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. So kann es passieren, dass die Beschäftigten sich darauf einigen, das Vergütungssystem fortan transparent zu machen oder sogar Einheitslöhne für alle zu zahlen. Oder dass sie sich gegen den Wunsch der Geschäftsführung für die Anschaffung eines neuen Geräts entscheiden.

Allerdings bestätigen verschiedene erfahrene Gründerinnen und Gründer, dass die naheliegende Sorge, der zufolge die Stakeholder aufgrund mangelnder Kompetenz oder auch mangelnder Rücksichtnahme die Unternehmung ins Verderben führen, unberechtigt ist. Die allermeisten Beteiligten entscheiden vorausschauend und im Interesse aller. Daher gelingt es solchen Unternehmungen, beeindruckend schnelle und einvernehmliche Entscheidungen unter Einbeziehung aller Bedürfnisse und Wünsche herbeizuführen. Konkreter: Für konventionelle und angeblich so effiziente Unternehmungen sind vierzehn Tage von der erstmaligen Diskussion bis zur konsensbasierten Entscheidung beispielsweise einer strategischen Frage ein geradezu utopisch knapper Zeitraum. Für verschiedene mittelständische Unternehmen oder auch Postwachstumsunternehmen, die wir mit der Thales-Akademie untersucht und begleitet haben, ist ein solcher Zeitraum hingegen der Normalfall.

Wenn Mitspracheoptionen, Chancengleichheit und finanzielle Transparenz keine prinzipiellen Hürden für den langfristigen Erfolg solcher Organisationen darstellen und alle Beteiligten dabei sogar zufriedener sind als vorher, was hindert uns dann noch daran, diesen Weg häufiger und konsequenter zu beschreiten?

Die Demokratisierung des Arbeitsplatzes

Neben festgefahrenen Vorurteilen und Arbeitsroutinen scheint vor allem die innere Grundhaltung der beteiligten Menschen eine echte Hürde zu sein. Denn sie müssen auf einen solchen Weg des solidarischen Miteinanders bewusst einschwenken, indem sie so manche Urteils- und Handlungsgewohnheit infrage stellen, ihr Menschenbild überprüfen oder auch verloren gegangenes Vertrauen in den guten Willen der Kolleginnen und Kollegen erneuern. Bei diesem Weg können sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht wichtiger nehmen als die der anderen, sondern müssen vorausschauend im Sinne aller mitdenken und handeln; zugleich sind sie gefordert, mit alten Mustern des Bestimmenwollens, der Selbstüberforderung und der Verleugnung eigener Bedürfnisse zu brechen. Diese Herausforderungen sind anspruchsvoll, weil sie die schwerste aller Arbeiten erfordert – die Arbeit an uns selbst. Gelingt dies jedoch, machen die Beteiligten die Erfahrung, einander am Arbeitsplatz auf Augenhöhe zu begegnen und sich als mündige Teilhaber einer gemeinsamen Unternehmung zu erleben. Sie erfahren, mit anderen Worten, Demokratie am Arbeitsplatz.

Über diese soziale Neuausrichtung hinaus verringern die meisten dieser Organisationen auch zwangsläufig ihre schädlichen Umwelteinflüsse. Damit fällt es ihnen weitaus leichter als konventionellen Organisationen, ökologische Verantwortung zu übernehmen und damit diese entscheidende Säule eines seriösen Nachhaltigkeitskonzepts ernst zu nehmen.

Indem diese Organisationen soziale und ökologische Ziele priorisieren, stellen sie die Förderung des Gemeinwohls in den Mittelpunkt ihres Handelns. Ökonomische Gewinne sind dann keinen Selbstzweck mehr, sondern bilden lediglich die ermöglichende Bedingung, um stabil und dauerhaft zu bestehen. Folgerichtig senken sie ihre finanziellen Ziele ganz bewusst – bis hin zur bloßen Kostendeckung plus einer Rücklage für wirtschaftlich schwierige Zeiten. Damit setzen sie auf der Mesoebene das um, was Ökonomen wie Niko Paech auf der Makroebene der volkswirtschaftlichen Gesamtordnung sowie auf der Mikroebene unseres alltäglichen Konsumverhaltens bereits seit Jahren unter dem Titel „Postwachstumsökonomie“ einfordern. Im Rahmen dieser Aufgabenteilung bilden sie allerdings keine bloße begrüßenswerte Ergänzung, sondern vielmehr das Herzstück einer zukünftigen Gesellschaft, sofern diese sich konsequenter als bislang einer Stärkung ihrer demokratischen Grundlagen sowie einer nachhaltigen Neuausrichtung ihrer Wirtschaftsordnung verpflichtet.

Zu den immer zahlreicheren Unternehmungen, die diesen Weg beschreiten, zählen klassische mittelständische Unternehmen, Organisationen, die sich der Gemeinwohlökonomie verpflichtet haben, sowie erklärte Postwachstumsunternehmen, darunter auch solche, die in dieser Rubrik bereits im Gespräch mit ihren Gründern zu Wort kamen, etwa das Premium Getränkekollektiv aus Hamburg (Ausgabe 02/2018) oder die Ich-und-Du-Pflege aus Freiburg (03/2018).

Dabei gilt für die Demokratisierung unserer Arbeitswelt das Gleiche, was der zu Jahresbeginn verstorbene ehemalige Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde in einem viel zitierten Diktum für unsere Demokratie als Ganze beschrieben hat: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Unser Zusammenleben sowohl als Staatsbürger wie auch als Wirtschaftsbürger ist darauf angewiesen, dass wir freiwillig die Haltung kultivieren, uns einander sensibel wahrzunehmen und als prinzipiell gleichberechtigte Menschen zu begegnen. Diese innere Haltung kann mit keinem Gesetz und keiner Sanktion der Welt erzwungen werden. Und doch bildet sie die entscheidende Bedingung dafür, dass wir nicht nur dauerhaft in einem liberalen Rechtsstaat, sondern auch einer demokratischeren Arbeitswelt leben.

Dieser Text ist in der Reihe VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN erschienen. In dieser Reihe führen die Köpfe der Thales-Akademie offene Gespräche mit progressiven mittelständischen Unternehmerpersönlichkeiten oder stellen eigene Erfahrungen und Positionen aus ihrer Forschungs- und Bildungsarbeit zur Diskussion.
Die gemeinnützige Thales-Akademie bietet heutigen und zukünftigen Verantwortungsträgern die Möglichkeit, fundiertes Expertenwissen und eigenständige Lösungsstrategien zu den aktuellen Herausforderungen der Wirtschaftsethik, Medizinethik und Digitalethik zu entwickeln. Hierfür bietet die Thales-Akademie praxisnahe philosophische Seminare für Unternehmen und Hochschulen sowie – gemeinsam mit der Universität Freiburg und der Hochschule Furtwangen – die berufsbegleitenden Weiterbildungen Wirtschaftsethik und Medizinethik an. Beide Weiterbildungen schließen mit dem international anerkannten Certificate of Advanced Studies (CAS) ab.
www.thales-akademie.de

Der Artikel ist in der Ausgabe 04/2019 zum Thema DEMOKRATIE UND WIRTSCHAFT erschienen. Zum diesem und weiteren Heften zu den Themen Demokratie, Wirtschaft und Arbeit hierlang: