Foto: Samuel Regan-Asante | unsplash
Wie Elon Musk demokratische Wahlen beeinflusst
Ein Kommentar zur politischen Macht des Tech-Milliardärs
Text: Felix Michaelis | Gastbeitrag | veröffentlicht am 13.12.2024
Man stelle sich vor eine der größten und einflussreichsten Social-Media-Plattformen liegt in den Händen eines rechtsextremen, machtgierigen Milliardärs. Was nach einer üblen Dystopie klingt, ist bittere Realität. Mit X, ehemals Twitter, hat sich der reichste Mensch der Welt, Elon Musk, einen Safe-Space geschaffen, um dort und darüber hinaus, seine politische Agenda durchzusetzen. Die britische Aktivisten-Gruppe „Led By Donkeys“ zeigt in einer etwa 10-minütigen Chronologie eindrucksvoll die Entwicklung der Plattform X nach der Übernahme Elon Musks. Das Video wird ausgerechnet auf X zum viralen Hit.
Am 28. Oktober 2022 übernahm Elon Musk Twitter, angeblich mit dem Ziel, die Meinungsfreiheit der Plattform zu stärken. Folglich verbreitet Musk immer wieder rechte Verschwörungstheorien über Juden, Immigranten und den Demokraten. So antwortete Musk unter einem Post, der das antisemitische Narrativ aufgriff, Juden würden angeblich illegal Immigranten in die USA bringen, um die Demokraten bei der bevorstehenden Wahl zu unterstützen, mit den Worten: „Du hast die absolute Wahrheit gesagt“. Über Monate hinweg verbreitet Musk nahezu obsessiv die Verschwörungstheorie, dass Demokrat*innen gezielt Immigrant*innen ins Land ließen, um die kommende Wahl für sich zu gewinnen.
Zu Musks Verständnis der Meinungsfreiheit zählt offenbar auch, kritische Persönlichkeiten, die zuvor zurecht von der Plattform gebannt wurden, zu entsperren. So wurde beispielsweise der selbsternannte „Frauenfeind“ Andrew Tate, der Frauen „eine gewisse Verantwortung“ für von ihnen erlebte sexualisierte Gewalt zuschreibt, rehabilitiert. Auch Donald Trump kehrte dank Musk auf die Plattform zurück. Doch nicht alle Meinungen sind auf X unter Musk erwünscht. So wurde etwa der Account „Elonjet“, der Musks Flüge trackte, gebannt. Auch Journalist*innen, die über diesen Account berichteten, wurden auf der Plattform gesperrt. Unter diesen Umständen ist es kaum verwunderlich, dass statistisch gesehen Hassrede und Falschinformationen auf X seit Musks Übernahme deutlich zugenommen haben. Ehemalige Mitglieder des X-Sicherheitsrates, die wegen Musks Übernahme X verließen, berichten in einem Interview von einer 61 prozentigen Zunahme von antisemitischen Posts und einem Anstieg von 58 Prozent bei Hassposts gegenüber Homosexuellen – und das in den ersten zwei Wochen nach Musks Übernahme. Die Zahlen seien „wirklich erschreckend“. Diese Entwicklung dürfte wohl auch der Tatsache geschuldet sein, dass Musk zu Beginn seiner Übernahme mehrere tausende Mitarbeiter für Moderation und Sicherheit entließ. Der Trend zunehmender Hassrede setzt sich fort und es scheint, als würden seither keine Regeln mehr auf dieser Plattform gelten.
Musks Eingriff in die US-Wahl 2024
Im Juli 2024 gründet Elon Musk das „America PAC“ (zu Deutsch: „Das politische Aktionskomitee Amerikas“), um den verurteilten Straftäter Donald Trump bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl 2024 zu unterstützen. Juristische Dokumente dieses Komitees zeigen dabei auf, dass Musk mindestens 75 Millionen Dollar ausgab, um Trumps zweite Amtszeit zu ermöglichen. Im Gegenzug dazu versprach Trump Musk eine politische Position. Trump spricht von einem „Department of Government Efficiency“ (kurz DOGE), also einer Abteilung für Effizienz, in der Musk zukünftig arbeiten soll. Der mächtigste Unternehmer der Welt soll zukünftig also selbst zum Regulator der Regulierungen werden. Bis zur Wahl im November, trat Musk bei mehreren Wahlveranstaltungen Trumps auf und versprach Wählern, die seine Petition unterschrieben, sogar bis zu eine Millionen Dollar. Musks Engagement zahlt sich aus: Trump gewinnt die Wahl und wird trotz zahlreicher Verfahren und verwerflicher Aussagen zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten.
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Machtspiele im Netz: Nimmt Musk Einfluss auf die Bundestagswahl?
Nicht nur die amerikanische Politik scheint Musk brennend zu interessieren. Auch zur deutschen Politik äußert sich Musk regelmäßig. So liebäugelte er bereits des Öfteren mit der rechtsextremen AfD. Am 29. September teilte Musk einen Post des rassistischen Profils „RadioGenoa“. Dieser Post verbreitet das rechte Narrativ, dass deutsche NGO-Schiffe im Mittelmeer illegale Einwanderer einsammeln würden, um diese in Italien an Land zu bringen, und endet mit der Aussage: „Lasst uns alle hoffen, dass die AfD die Wahl gewinnt, damit dieser europäische Selbstmord aufhört“. Musk repostete diesen Beitrag mit der Überschrift „Ist die deutsche Öffentlichkeit sich dessen bewusst?“. Der Post wurde millionenfach angesehen.
Auch zum Zerfall der Ampel-Koalition äußerte sich Musk bereits. So nannte er Scholz einen „Narren“. Ebenso wurde Habeck, der sich vor kurzem für eine Regulierung von X und TikTok aussprach, durch Musk als „Narr“ unter einem Post der Meme-Seite „Wall Street Silver“ diskreditiert. Die Meme-Seite, die immer wieder durch Trump-nahe, rechtspopulistische Inhalte auffällt, bezeichnete Habeck in jenem Post zuvor als „radikalen Linken“. Wenn immer Musk sich zur deutschen Politik äußert, ist die AfD nicht fern. AfD Politiker reiben sich bei Musks Kommentaren zur politischen Lage Deutschlands die Hände und nutzen dessen Reichweite schamlos aus. Zum Beispiel antwortete Alice Weidel unter einem Post, in dem sich Musk zu islamistischen Demonstrationen in Hamburg im April dieses Jahres äußerte, mit einer Einladung in eines ihrer Büros im Bundestag. Der Post wurde hunderttausendfach geklickt.
Es bleibt abzuwarten, inwiefern Musk seine Reichweite weiterhin nutzen wird, um direkt in die bevorstehende Bundestagswahl und die deutsche Politik einzugreifen – und ob und wie rechte Kräfte Musks Einlassungen zu ihrem Vorteil aufnehmen und die bisher eher tastende Annäherung zu einer Zusammenarbeit ausbauen werden. Es ist jedenfalls mehr als bedenklich, dass einer der reichsten Männer der Welt seine Macht schamlos einsetzt, um in demokratische Prozesse einzugreifen und die politischen Kräfte gezielt nach Rechtsaußen zu verschieben. ■
Felix Michaelis ist angehender Abiturient und setzt sich auf der Social-Media-Plattform X regelmäßig mit aktuellen Entwicklungen auseinander. Unter dem Nutzernamen fefelo kommentiert er Themen aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Fußball –teils mit einem satirischen Ansatz.
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